Mittwoch, 21. März 2012

Der Berufspolitiker, das unbekannte Wesen


Bei dem momentanen Verschleiss von Bundespräsidenten fragt man sich: Wie hohe ethische und moralische Anforderungen kann man an einen Berufspolitiker stellen? Erwartet der Wähler zuviel? Westdeutsche, die na noch vor der Wiedervereinigung eine funktionierende Demokratie erlebe haben, haben da auch bei Äusserungen von Gauck wie seiner Selbsteinschätzung als "Demokratielehrer", der den Wählern wieder "Demokratienachhilfe" geben will, das Gefühl, dass man da grundsätzlich aneinander vorbeiredet zwischen Wählern und Berufspolitikern. War Demokratie nicht mal das Mittel, das die Macht von Politikern kontrollieren und einschränken sollte? Waren demokratische Spielregeln nicht mal die Garantie der Kontrolle der Wähler über ihre Volksvertreter? Was soll man nun von einem Bundespräsidenten halten, also dem formal höchsten Mann im Staat, der der seinen Wählern ankündigt, ihnen wieder Demokratie beibringen zu wollen? Der gerne mal aufsässigen HartzIV-Empfängern und frustrierten Leiharbeitern mit drohendem Ton ankündigt, ihnen als Demokratielehrer Demokratie wieder beibringen zu müssen?

Aber was erwartet der Wähler eigentlich von einem Berufspolitiker? Erwartet er zuviel?

Thema Sachverstand: 95 % alle wähler erwarten von einem Politiker Sachverstand. Aber 80% aller Berufspolitiker sind ehemalige Beamte oder Staatsangestellte, 80% aller Berufsausbildungen von Berufspolitikern sind dem Juristischen, Betriebswirtschaftlichen, Soziologischen Bereich zuzuordnen.

93% aller Wähler erwarten von Berufspolitikern Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit; Doch gerade die Versprechen von Politikern sind nicht einklagbar; Gerade die moralischen/ethischen Aspekte des Vorlebens von Berufspolitikern fallen unter den Datenschutz.

90% der Wähler glauben, dass ihre Berufspolitiker mehr als 8 Stunden am Tag hart arbeiten für ihre Wähler. Statistiken über Anwesenheitszeiten. Briefverkehr und Computer-Datenverkehr von Abgeordnetenbüros zeigen etwas anderes: Berufspolitiker sind nur ca. 2 Stunden pro Tag anwesend, schreiben in ihrem Abgeordnetenbüro (mit Sekretärin und HIlfskräften) im Schnitt 1 Brief und 10 E-Mails pro Woche, sitzen im Bundestag nur ca- 1 Stunde pro Woche auf ihrem Abgeordnetensitzplatz (Landesparlamente ähnlich). Unverständlich bis amüsiert reagiert der Wähler auf leere Bänke in den Bundes- und Landtagen, auf panisches Herumtelefonieren der Fraktionsführer vor unerwarteten Abstimmungen, damit ihre Abgeordnete rechtzeitig anwesend sind zur Stimmabgabe usw.

Doch wie denkt nun der normale Abgeordnete? Was ist seine persönliche Motivation? Wonach strebt er? Hier merkt man, dass der normale Berufspolitiker einfach ein Berufsstand unserer Gesellschaft ist. Er strebt nach hohen Diäten, Dienstwagen, Renten/Pensionen und gesellschaftlichen Status. Beim Treffen praktischer Entscheidungen ist für den Berufspolitiker zuerst der Einfluss auf die persönlichen Machtverhältnisse und die persönliche Karriere ausschlaggebend. Dies macht er grundsätzlich hintenrum mit Parteiintrigen, heimlichen anonymen Pressemitteilungen, Rundmails an Richter/führende Beamte/Staatsanwaltschaften/Polizeiverbände. Gern auch direkte Eingriffe in Beamtenbeförderungsvorgänge, parteiinterne Wahlen, Blockieren von Geldern, Androhung des Blockierens von Geldern oder Beförderungen und direkten Eingriffen in die Pressestellen von Behörden, Gerichten und staatsabhängigen Instituten. Danach hört sich der Berufspolitiker Lobbyverbände u.ä. zum Entscheidungsthema an und bezeichnet dies schon als harte Arbeit und nervenaufreibend. Danach fragt der Berufspolitiker in der eigenen Parteihirarchie nach, wie die Parteimeinung und das Wahlprogrammm zu dem Thema ist. Danach kommt nachfragen nach Wahlprogrammen, Koalitionsvereinbarungen u.ä. Hiernach steht seine Entscheidung in der Regel schon zu 80%, Es gibt nur noch Details zu klären, wenn er nach der Meinung des Wählers fragt. Dies tut er dann über statischische Umfragen, Wahlprognosen und ähnliches. Seine Meinung steht dann zu 95% fest, erst jetzt kümmert sich der Berufspolitiker um Sachliche Probleme, Fachliche Zusammenhänge, technische Machbarkeiten, Realisierbarkeit. Seine Meinung steht jetzt zu 97% fest, erst jetzt kommt die Nachfrage nach Kosten und Finanzierbarkeit, die nur die letzten 3% ausmachen. Interessant ist, dass der Wähler das genaus Gegenteil glaubt: Er ist der Meinung, sein Abgeordneter kümmere sich zuerst um die Meinung des Wählers, dann um Machbarkeit und Finanzierbarkeit und danach erst um andere Dinge. Problematisch ist auch, dass die meisten (über 90%) der Projekte des Berufspolitikers gerade wegen dem letzten Punkt, der Finanzierbarkeit, scheitern. Aus Wut darüber sucht sich der Berufspolitiker dann einen Prügelknaben, dies sind in der Regel die Sozialhilfeempfänger und HartzIV-Empfänger, die er dann sein Scheitern verantwortlich macht. Exemplarisches Beispiel dafür war Westerwelles HartzIV-Diskussion 2011. Um vom eigenen Versagen abzulenken, startet er dann Kampagnen gegen diese Gruppe auf Volksverhetzungsniveau. Leider ist in dieser Gruppe der HartzIV-Empfänger auch oft der meiste Schachverstand, die beste Berufsausbildung und das höchste Bildungsniveau vorhanden, weshalb diese Gruppe dann schnell zündende Sachargumente gegen das Projekt des Spitzenpolitikers sammelt. Verstehen können sich beide Gruppen nicht mehr; Niemand versteht, dass es dem Berufspolitiker nicht um die Sache geht, dass dieser sogar keine Ahnung hat worum es geht, er sich aber in die Ecke gedrängt fühlt und Beamte, Richter und Polizei sogar zu Rechtsbeugung, Falschaussagen und Körperverletzungsdelikten zwingt. Krasses Beispiel für diese Entwicklung war Stuttgart21 oder Occupy. Letztendlich wird daher der Sozialhilfebereich vom Berufspolitiker immer als Feindbild betrachtet und zu einem Stasi-artigen Diskriminierungssysten ausgebaut, um schon im Voraus diese Gruppe mundtot zu machen und um Handhabe zur Willkür gegen diese Gruppe zu haben. Der Berufspolitiker weiss sehr wohl, dass andere Gesellschaftsgruppen, die mit grossen Autos herumfahren und die teure Villen haben, die Staatskasse sehr viel mehr belasten als die Sozialhilfeempfänger und dass bei dieser Gruppe sehr viel mehr eingespart werden könnte, aber das ist einfach nicht sein Thema! Es geht ihm nicht ums Geld sparen, es geht um seine Machtausübung und um seine Machtansprüche sowie um das Benennen von Schuldigen für das eigene Versagen.

Ein Rätsel ist vor allem, warum es so letztendlich meist zu sinnvollen Endergebnissen dieses politischen Entscheidungsprozesses kommt. Aber dies war auch in anderen Gesellschaftssystemen so: Die Intelligenz eines politischen Entscheidungsprozesses ist immer geringer als die Intelligenz des dümmsten beteiligten Individuums, wie neuere massenpsychologische Untersuchungen zeigen. Trotzdem hat die Menschheit die vergangenen Jahrtausende so überlebt, trotz Pharaos, Königen, Kaisern, Grafen, Fürsten, Kalifen und anderen.

Warum jetzt der heimliche Hass der Wähler auf Wulff oder Gauss? Und warum das heimliche Verständnis der Berufspolitiker für Leute wie Wulff und Gauck, ja sogar Verständnis für Gauck's Selbsteinschätzung als "Demokratielehrer" gegenüber HartzIV-Empfängern und Ex-Stasi-Opfern?  Sind beide nicht einfach nur ganz normale Vertreter ihres Berufsstandes, nur mit etwas mehr Unehrlichkeit und Machthunger sowie letztendlich Erfolg? Wähler, ihr erwartet einfach zu viel von euren Berufspolitikern!

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